Sonntag, 14. Mai 2006

Donnerstag, 11.05.2006 ::: Navarette bis Ciriñuela

Bereits kurz nach dem Loslaufen stand der Planet schon in seiner ganzen Pracht (und mit voller Kraft) am östlichen Horizont, was wir mit einem sehr heissen Tag in Verbindung brachten. Ein Trugschluss, wie sich später herausstellte.
Der Weg aus Navarette heraus unterschied sich von dem gestrigen zunächst kein Stück: wieder Asphalt und für uns war eigentlich damit klar, dass Azofra in etwa 22 km unser Ziel sein wird.
Ab Ventosa wurde es dann vom Weg her besser und als wir kurz hinter Ventosa die Kammhöhe überschritten hatten und sich vor uns eine weite Ebene öffnete, schlug auch das Wetter um. Ein ständiger und eiskalter Wind, der von der Kammhöhe herein blies und die Temperaturen merklich absenkte. Auch von Sonne konnte kaum noch die Rede sein. Der Himmerl war von grauem und schwarzem Dunst - keine Wolken, wir haben so etwas noch nie gesehen - überzogen.
Mir und meinem Sonnenbrand war das mehr als recht, da brauchte ich mein gestriges Outfit nicht anlegen.
Wetter und Weg führten dazu, dass wir immer besser vorankamen und so etwa gegen 11:00 in Najéra eintrafen. Najéra ist grösser, als wir dies zunächst angenommen hatten und wir beschlossen nach der Stadtbesichtigung, unser Frühstück in einer Bar einzunehmen. Hugo traf ebenfalls ein, leistete uns etwas Gesellschaft und danach schauten wir uns noch das Kloster Sta. Maria la Real an. Beeindruckend, was spanische Künstler (Stein- und Holzbildhauer) hier angefertigt haben.
Schon in Najéra hatten wir den Plan gefasst, die Etappe bis Ciriñuela zu verlängern. In Azofra tankten wir nochmals maximal Wasser am örtlichen Dorfbrunnen, zumal die Sonne wieder in Aktion getreten war und die 9 km bis zum Zielort als absolut schattenfrei beschrieben waren.
Wir waren kaum aus Azofra heraus ins Gelände aufgebrochen, als fernes Donnergrollen sich bemerkbar machte. Dies wiederholte sich in unregelmässigen Abständen und führte dazu, dass Lioba mit ihrer Angst vor Gewittern die Schlagzahl merklich erhöhte. Es war nicht so, dass ich nicht mithalten konnte, aber das Tempo war schon enorm. Die letzten 9 km liefen wir in 1 Std. 20 min. und dabei waren die beiden letzten Kilometer ansteigend, die letzten 500 m sogar einigermassen steil. Nicht nur Red Bull verleiht Flügel, auch Angst. Ich hatte meine Mühe und Not, Lioba ab und zu etwas Wasser aufzunötigen.
Letztlich erreichten wir Ciriñuela völlig überhitzt aber wohlbehalten und hatten auch noch das Glück, in der dortigen Mini-Herberge Bett 6 und 7 von 8 verfügbaren zu bekommen.
Nach dem üblichen AWP (After-Walk-Programm) ging es noch schnell in die einzige Bar am Ort, um den ersten Hunger zu stillen. Den restlichen Tag und Abend verbrachten wir in der Herberge.
Jutta, die Hospitalera und Herbergsbetreiberin in Personalunion ist vom Pass her Österreicherin und war selbst den Camino in 2003 erstmals gegangen, was bei ihr zu dem Entschluss führte, selbst eine Herberge zu betreiben, die nun seit April 2006 geöffnet ist.
Über einen Internet-Kontakt hatte ich kurz vor Abflug von dieser Herberge erfahren, die in noch keinem entsprechenden Verzeichnis gelistet ist.
Das Entgelt für Übernachtung und Essen läuft auf Spendenbasis; Originalton von Jutta: "Ich will einen Teil des Guten, das ich erfahren habe, wieder zurückgeben." Aktuell reicht das gerade mal so vom Hand in den Mund, über Winter finanziert sich Jutta mit ihrer Theatergruppe in Argentinien, die sie als Bühnenbildnerin immer noch betreut. (lebte zuvor 15 Jahre dort)
Das ganze Ambiente strahlt eine einfache Gemütlichkeit aus.
Eine unvergleichliche Herberge und eine unvergessliche Hospitalera.

Strecke: heute: 32 km / gesamt: 211 km

7 Kommentare:

  1. Schön, dass ihr Jutta tatsächlich besucht habt. Gerade am Samstag habe ich ein Päckchen an sie abgeschickt. Mit losem grünen Tee, den sie bestimmt mit den nächsten Pilgern teilen wird. Außerdem ein Würfelspiel "Schweinerei" bei dem wir uns im April köstlich bei ihr am Abend amüsiert haben.Darren, ein Ire hatte das dabei.Und nun konnte ich es in Deutschland kaufen. Allen nachfolgenden Pilgern damit viel Spass! Monika

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  2. Ich wollte die Jutta besuchen, aber sie war leider nicht zuhause. Daraufhin bin ich in die Bar gegangen. Zu meiner großen Überraschung sagte mir die junge Frau hinter der Theke, daß sie Russin sei.
    Welche Menschen man auf dem Camino trifft!
    Ich habe aber auch beobachtet, daß die Hinweise auf Juttas Herberge übermalt worden sind. Da will man ihr wohl Steine in den Weg legen!

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  3. Ich wollte im Mai 2007 die Jutta besuchen, sie war aber leider nicht zuhause. Als ich dann in die Bar ging, sagte mir die junge Frau hinter der Theke, daß sie Russin sei. Wie kommt die dort wohl hin?
    Ich habe aber leider auch beobachten müssen, daß man die Jutta behindern will. Die Hinweise auf ihre Herberge waren übermalt. Unfair!
    Ich habe schon früher gehört, daß die Spanier den Camino für sich reklamieren. Die sagen: Was wollen die Ausländer hier? Wir wollen selbst das Geld am Camino verdienen.

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  4. Ja Jochen, du stufst das richtig ein. Jutta hatte dort von Anfang an einen nicht leichten Stand, konnte sich aber zu dem Zeitpunkt als wir bei ihr waren, schon etwas etablieren.
    So hatte sie Nachbarn gefunden, mit denen sie einmal pro Woche zum Großeinkauf fahren konnte; sie selbst hat(te) kein Auto (kann sicvh das nicht leisten und will es auch nicht).
    Etwaige Tageseinkäufe macht sie, indem sie vormittags, wenn die Herberge zu ist, nachdem der letzte Pilger das Haus verlassen hat, nach Sto.Domingo oder Najera läuft.
    Zur Akzeptanz nur noch so viel: uns versuchte in Azofra ein älterer Mann (Spanier) davon zu überzeigen, dass hier in Azofra die letzte Herberge vor Sto.Domingo sei und es in Cirinuela definfitiv keine Herberge gäbe. Glücklicherweise haten wir von Monika eine gute anderslautende Auskunft hierüber.
    Und natürlich ist Jutta keine Russin, der Name wäre heirbei ja auch mehr als ungewöhnlich. Ohne die sehr guten Spanisch-Kenntnisse, die Jutta aufweisen kann (15 Jahre Argentinien, 3 Jahre Mexico) wäre das Unternehmen 'Herberge in Cirinulea' wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt gewesen. Ich hoffe für Jutta, dass sie sich behaupten kann

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  5. Habt ihr auch die Adresse und Tel.Nr. von ihr? ich hoffe auch loslaufen zu können.

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  6. Ja, Adresse und Telefon-Nr. haben bzw. besser gesagt HATTEN wir schon.
    Leider gibt es diese Herberge nicht mehr udn Jutta arbeitet jetzt als Hospitalera in einer anderen Herberge an einem anderen Ort.
    Wie wünschen ihr ALLES GUTE und dir lieber 'admin' einen guten Start in deinen Weg - Buen camino.

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  7. An dieser Stelle wird es allerhöchste Zeit, dass ich meinen letzten Kommentar hier korrigiere:
    Nachdem ich mich durch entsprechende Meldungen im Jakobus-Forum von T. Schrange u. A. Schäfer habe dazu verleiten lassen, ebenfalls zu vermelden, dass die Herberge von Jutta geschlossen sei, muss ich das nun doch revidieren.
    Bereits in einer Mail vom Oktober 2007 hat mir Jutta selbst das Gegenteil bestätigt; sie hilft zwar ab und an in einer Herberge in Ventosa aus, ihre eigene Herberge in Cirinulea gibt es aber trotzdem nach wie vor!
    Es kann sinnvoll sein, vor einer Übernachtung (telefonischen) Kontakt aufzunehmen, damit Jutta dann auch vor Ort ist.

    Die Kontaktdaten sind wie folgt:
    Jutta A. Lupprich
    Auberge San Millán
    Calle Real 110
    26258 Ciriñuela
    La Rioja/España

    Tel. 0034/606639849
    Mail jalbsas@yahoo.com

    Thomas aka za-ass

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