Sonntag, 14. Mai 2006

Freitag, 12.05.2006 ::: Ciriñuela bis Grañon

Noch ein Frühstück um 6:15 bei Jutta, zusammen mit Stephan und Karsten, zwei jungen sympathischen Hessen aus Oberursel (und 'eingefleischten' ;-) Eintracht Frankfurt-Fans) und danach auf nach Sto. Domingo de la Calzada, wo heute das lokale Patrozinium begangen wurde. Danach wollten wir nur noch die kurze Strecke bis Grañon laufen.
Um kurz vor 8:00 trafen wir in der Herberge von Sto. Domingo de la Calzada, wo das für diesen Tag spezielle Frühstück für alle ausgegeben wurde, wieder auf die beiden Hessen und labten uns gemeinsam am besagten Frühstück. Es gab eine Art Eintopf aus Kichererbsen, Brot, Lauch und Lammfleisch. Dazu rohe Zwiebeln in grosser Menge, die in Salz gestippt, dazu gegessen wurden. Und Rotwein gab's natürlich auch: zuerst aus der Tonschale und danach landestypisch aus dem Porron, was mir auf Anhieb gut gelang und auch von der lokalen Presse festgehalten wurde. Für's Trinken hatte ich schon immer eine gewisse Begabung. ;-)

Um 11:00 waren wir dann in der Kathedrale zum Festgottesdienst. Vor allem der Chor mit seiner Solosängerin hat uns schwer beeindruckt. Keine herkömmliche Kirchenmusik sondern regionale Lieder und Melodien: musica rioján.
Im Anschluss daran zog eine feierliche Prozession durch die Stadt mit Blasmusik und typischen Tänzen aus der Region.
Wir sahen uns das noch kurz an und zogen dann ins 5 km entfernte Grañon weiter. Die dortige Herberge wird seit Jahren von der Fränkischen Jakobusgesellschaft Würzburg grosszügig unterstützt.
Diese Herberge ist im Dachboden des Seitenschiffs der Kirche untergebracht und wird vom Pfarrer von Grañon, im Sommer unterstützt von freiwilligen Helfern, geführt.
Die Art und der Stil dieser Herberge hat eine Gegenbewegung zur fortschreitenden Kommerzialisierung des Herbergswesens am Jakobsweg eingeleitet und findet mittlerweile auf dem Weg schon einige Nachahmer.
Hier ist dasPilgerpublikum auch bunt gemischt: Schweden, Brasilianer, Engländer, Franzosen, Italiener, Spanier, Dänen, Amerikaner, Mexikaner, Kanadier,...., von knapp über 20 bis etwa 70 Jahren.
Im oberen Raum der Herberge prasselte bereits ein Kaminfeuer als wir ankamen, was in diesem steinkalten Gemäuer auch notwendig ist.
Alles wird hier gemeinsam gemacht: Holz machen (Paletten werden vor der Kirche mit einem Vorschlaghammer etwas unkonventionell zertrümmert), Essen zubereiten, Abwasch, ...
Das gemeinsame Abendessen mit über 40 Leuten mit den entsprechenden Tischgesprächen, die z.T. nur mit Übersetzungshilfe anderer und mit Gestik und Mimik ablief, war ein einzigartiges Erlebnis.
Interessant auch wie Menschen andere Nationalitäten die politische Entwicklung in den jeweils anderen Ländern beurteilen. Erschütternd auch manchmal, wenn
man menschliche Schicksale Anderer, die man in den letzten 5-6 Tagen näher kenngelernt hat, erfährt.
Die Bezahlung hier in der Herberge ist so einfach wie speziell: im Durchgangsbereich steht eine kleinere offene Holztruhe, die auf der Deckelinnenseite den folgenden Text in 4 Hauptsprachen des Camino enthält: "Gib was du kannst oder nimm was du brauchst!" Das System funktioniert seit Jahren und Unterstützung für Modernisierung etc. läuft über 'Würzburg'.
Ein Gedanke drängt sich uns in den letzten Tagen immer wieder auf: Es gibt wohl nur ein Weltkulturerbe der UNESCO, das gleichzeitig so alt und doch so jung ist - ein Weltkulturerbe, das weltkulturell gepflegt wird.

Strecke: heute:12 km / gesamt: 223 km

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